Tante Constanze mischt mit!

Tante Constanze mischt mit! Lesezeit: ca. 4 Minuten Sie stöberte gerade durch sämtliche Onlinereiseangebote, die für die Weihnachtszeit bevorstanden. Das war Constanze immer am liebsten: Während der Rest der Welt hektische Weihnachtsvorbereitungen traf, saß sie meist entweder in der Dominikanischen Republik oder in einem Fünf-Sterne-Hotel am Bodensee und hatte ihre Ruhe vor dem ganzen Stress. Gedanklich war sie schon halb an ihrem Urlaubsziel, als ihr Telefon klingelte. Leicht missmutig stand sie auf und nahm den Anruf entgegen. Es war ihre Schwester. Sie hatte sich das Bein gebrochen, nachdem sie über ein Spielzeugauto ihres fünfjährigen Sohnes gestolpert war und musste nun voraussichtlich bis Weihnachten im Krankenhaus verbringen. Zu Beginn bedauerte Constanze das Unglück, aber erst als ihre Schwester sie darum bat, für eine Weile bei ihrer Familie einzuziehen, um sich mit den vier Kindern auf Weihnachten vorzubereiten, fing sie insgeheim an, den Vorfall zu verfluchen. "Was ist mit deinem Mann?", wollte sie wissen. "Der muss zeitnah ein ganz wichtiges Projekt in der Arbeit fertigstellen, von dem vieles abhängt. Er schafft es unmöglich, sich auch noch um die Kinder zu kümmern", entgegnete ihre Schwester. Eher unfreiwillig erklärte Constanze sich schließlich dazu bereit, am nächsten Tag anzureisen. Marie, Lukas, Ben und Eva freuten sich sehr über ihre Ankunft. Insgeheim war Constanze sogar etwas gerührt darüber. Trotzdem erklärte sie, dass sie jetzt gerne erst ausruhen würde, da sie lange unterwegs gewesen war. Ben, der Jüngste, fragte sofort: "Aber danach backen wir leckere Plässchen, ok?" und sah sie hoffnungsvoll dabei an. Wann hatte Constanze das letzte Mal versucht zu backen? Das musste bereits über zehn Jahre her sein. Und es war zudem gründlich in die Hose gegangen. Sie hatte damals die Eier für den Kuchen vergessen. Doch natürlich wollte sie den Kleinen nicht enttäuschen und versprach ihm, dass sie das zwar gerne tun könnten, er aber bis morgen damit warten müsste, weil sie erst Zutaten kaufen müsste. Und Onlineanleitungen lesen, dachte sie im Stillen. Nach einer zweistündigen Pause rief sie ihre Schwester an, um ihre Anwesenheit zu bestätigen. Da erhielt sie gleich den nächsten Auftrag, nämlich dieses Jahr auch die Geschenke für die Kinder besorgen zu müssen. Oh je! Bisher hatte sie den Eltern der Kinder immer Geld überwiesen, damit die sich dann nach etwas Schönem umsahen. Seufzend machte sich Constanze am nächsten Vormittag, als die Kinder in der Schule waren, auf den Weg in die zum Teil schon recht überfüllten Läden. Überall erkundigte sie sich bei den Verkäuferinnen und kaufte danach noch Backzutaten ein. Bei einem Abstecher ins Krankenhaus zeigte sie ihrer Schwester die erworbenen Geschenke. Diese erlitt fast einen Herzinfarkt, als sie erfuhr, dass Constanze für ihren ältesten Sohn ein sündhaft teures Smartphone besorgt hatte. Auf Nachfrage meinte Constanze, dass Lukas ihr mitgeteilt hätte, sich ein solches zu wünschen. "Wir haben ihm so lange erklärt, dass eine solche Anschaffung nicht notwendig sei!", erwiderte ihre Schwester etwas resigniert.

Mit den Geschenken und zwei Packungen Eiern kehrte Constanze zur Familie zurück. Nachdem die Kinder ihr Mittagessen aus der Mikrowelle erhalten hatten, konnte es mit dem Backen losgehen. Ben und Marie wollten dabei helfen. Während der Teig ausgerollt wurde und die Kinder immer wieder weggeschickt wurden, um Zutaten oder Behälter zu holen, zückte Constanze ihr Handy, um die Backanleitung zu studieren. Nachdem alles geklappt zu haben schien und die Plätzchen nach einiger Zeit aus dem Backofen geholt werden konnten, fragte die achtjährige Marie, ob sie das Gebäck jetzt glasieren und verzieren dürfe. Constanze zuckte innerlich für eine Sekunde zusammen. An die "Verschönerungszeremonie" hatte sie beim besten Willen nicht gedacht! "Ja, was soll denn auf den Plätzchen abgebildet sein?", fragte sie Ben und Marie. "Na Stäärne und Weihnachsbäume", wusste Ben. "Ok, Kinder, machen wir einen Wettbewerb. Wer das Beste für die Plätzchen herbringen kann, gewinnt." Unverzüglich starteten die beiden ihre Suche. Nach kurzer Zeit standen Smarties, Vanillepudding und sogar Ketchup und Essiggurken auf dem Tisch. "Ben, was willst du denn mit den Essiggurken?", fragte Constanze ihren Neffen. Als Antwort bekam sie eine Aussage zurück, die sie sich doch wirklich hätte denken können: "Die Weihnachsbäume müssen grün sein!" "Ok, du kannst sie darauf legen, aber essen würde ich die Kombination nicht!", schlug Constanze ihm vor. "Was ist eine "Kombion?", kam es zurück. Es war jetzt schon so viel zu bewältigen, und Tante Constanze graute bereits vor dem Weihnachtsbaumkauf. Wieso hatte sie ihrer Schwester bloß zugesagt? Sobald wieder Schulzeit war, begab sie sich auf die Suche nach einem Baum. Bei sich zu Hause hatte sie bisher nie einen aufgestellt. Die elfjährige Eva, die als Erste das Haus betrat, fiel vor Schreck aus allen Wolken, zeigte auf das maximal 20cm hohe künstliche Weihnachtsbäumchen und wollte wissen, ob das Tante Constanzes Ernst sei. "Da passt ja gar nichts hin", meinte sie empört. "Und was ist mit dem Duft? Wir brauchen doch einen echten Baum!" Auch die anderen Kinder waren nicht begeistert. So nahm sie am Nachmittag besser den dreizehnjährigen Lukas mit und brachte mit ihm zusammen einen geeigneten Baum ins Haus. "So, während ich jetzt euer Abendessen zubereite", meinte sie später, "schmückt ihr bitte den Baum"! Die Kinder freuten sich über diese Aufforderung und machten sich sogleich ans Werk. Als Constanze das Wohnzimmer wieder betrat, sah sie am Baum alles Mögliche hängen: Legosteine, Barbiepuppen, Spielzeugautos, Spielfiguren usw., alles, nur eben keinen Weihnachtsschmuck und natürlich auch keine Lichterkette. "Da werden sich eure Eltern aber freuen", äußerte Tante Constanze ironisch. Ben strahlte: "Genau. Dann stolwert Mama nicht mehr über die Spielsachen!" Und obwohl Constanze für Heiligabend Burger und Pommes liefern hatte lassen, war inzwischen auch ihre Schwester wieder entlassen, und alle ließen es sich schmecken. Constanze hatte nun fast Gefallen an dem ganzen Trubel gefunden und kündigte sich schon für das nächste Jahr an.

Autor: weihnachtsgeschichten.net

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