Glühweinfleck und neue Freunde

Glühweinfleck und neue Freunde Lesezeit: ca. 3 Minuten Susi stapfte unruhig von einem Fuß auf den anderen. Sie rieb sich die Hände aneinander und schob sie tiefer in ihren Jackenärmel. Wo blieb Karin heute bloß? Sie waren um sechs Uhr auf dem Weihnachtsmarkt verabredet. Inzwischen war es halb sieben und immer noch keine Spur von ihrer Freundin. Das war ja mal wieder typisch. Sie durfte sich die Gliedmaßen abfrieren und ihre Freundin ließ sich alle Zeit der Welt. Kaum hatte sie diesen Gedanken gefasst, tauchte Karin auch schon auf. Sie winkte ihr eifrig zu und deutete auf die beiden Tassen Glühwein in ihrer rechten Hand. Susi schob sich durch die Menge und begrüßte ihre Freundin mit zwei Küsschen auf die Wange. "Sorry, dass du warten musstest. Ich dachte nur, ich hole uns gleich noch einen Glühwein und dann habe ich so lange angestanden", entschuldigte sich diese. Susi winkte ab, wie sollte sie ihrer Freundin auch böse sein. Die Beiden suchten sich einen Platz etwas abgelegener vom Weihnachtsmarkt und schlürften ihren roten, dampfenden Glühwein. Mh, das tat gut. Jetzt war es schon wärmer. Karin brachte sie auf den neuesten Stand was den aktuellen Klatsch und Tratsch betraf und sie verquatschten sich eine ganze Weile. Gerade als Susi ansetzen wollte, um zu trinken, traf sie plötzlich ein harter Schlag in den Rücken. Der Glühwein schwappte aus der Tasse und lief über ihren beigen Mantel. Susi verschluckte sich und konnte sich nicht mehr rechtzeitig abfangen, bevor sie in die Knie ging. "Oh Susi, ist alles OK?", fragte Karin sofort besorgt, während sie ihre Freundin hochzog. "Was fällt Ihnen eigentlich ein? Haben Sie keine Augen im Kopf?", fuhr sie den offensichtlichen Übeltäter an, der schockiert und zugleich verwirrt drein blickte. "Ähm, also... es tut mir leid", stammelte der Herr, der etwa in Susis

und Karins Alter war. Seine dunklen Haare standen verwuschelt in alle Richtungen ab und sein Blick war glasig. "Ja das sollte es auch", schimpfte Karin weiter, während sie den Glühweinschaden mit einem Taschentuch von Susis Mantel tupfte. Der Mann schien plötzlich den Tränen nahe: "Ich... habe Sie nicht gesehen." "Schon gut, es ist nicht so schlimm. Das kann man sicher reinigen lassen", meinte Susi, der der arme Kerl leid tat. Sie bremste Karin, die schon die nächste Schimpftirade starten wollte. "Ich werde das natürlich bezahlen", entgegnete der Mann immer noch gedankenverloren und verunsichert und zog eine Visitenkarte aus seiner Manteltasche. Susi nahm diese entgegen und stellte fest, dass der Unglückliche Samuel hieß und als Steuerberater tätig war. "Ich werde Sie anrufen, Samuel. Ich bin übrigens Susi", versuchte sie die Situation zu entschärfen. Samuel nickte nur. Er wirkte alles andere als glücklich und das schien nicht nur an dem kleinen Unfall zu liegen. "Samuel, wollen wir vielleicht eine Tasse Tee im Café dort drüben trinken, damit wir uns alle wieder etwas beruhigen?", bot Susi an. Er nickte. Die Drei begaben sich in das Café. Plötzlich begann Samuel zu erzählen. Er berichtete, dass seine Mutter an Krebs erkrankt war und er erfahren hatte, dass sie Weihnachten nicht nach Hause kommen könnte. Es wäre das erste Weihnachten ohne seine Mutter, die ihn allein großgezogen hatte. Jetzt tat es auch Karin leid, ihn so angefahren zu haben. Sie entschuldigte sich. Dann schlug sie vor, dass sie doch alle gemeinsam Weihnachten feiern könnten, weil Susi und sie das sowieso geplant hatten. Samuel schien erst nicht begeistert von der Idee, stimmte nach einiger Überredung dann doch zu. Und so wurde es noch ein richtig netter Abend, an dem auch ihr neuer Freund schnell seine gute Laune wiederfand.

Autor: weihnachtsgeschichten.net

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